Doña Ena, eine kleine, pummelige Frau Mitte sechzig, betrachtet sich als Sandinistin. Sie betreibt ein kleines Papiergeschäft im stark indianisch geprägten Stadtteil Monimbó von Masaya und hat die historischen Entwicklungen hautnah mitverfolgt. Auf dem Platz gegenüber der Kirche zum Heiligen Sebastian wurden seinerzeit Barrikaden gegen die anrückenden Nationalgardisten Somozas errichtet. Die gesamte Nachbarschaft unterstützte die Guerilleros. Mein ältester Sohn war auch dabei." Monimbó war der erste Bezirk in der Stadt, der sich gegen die Diktatur erhob. Hier konnten die Sandinisten sicher sein, nicht an die Nationalgarde verraten zu werden.
Doch das ist Geschichte. Das "heroische Monimbó", wie es in der sandinistischen Geschichtsschreibung heißt, stimmte schon 1990 mehrheitlich gegen die Sandinisten. Mit den neuen Machthabern ist man in Monimbó heute nicht glücklich. Von Präsident Enrique Bolaños, der schließlich aus Masaya stammt, hätte sich Doña Ena mehr erwartet. Dass er zumindest die Straßen ausbessern ließe. Tatsächlich scheint die Zeit in Monimbó und ganz Masaya stehen geblieben zu sein. Die Straßen sind eher noch schäbiger geworden. Einige Kunsthandwerker mögen ihre Produkte mit Gewinn an Touristen verkaufen, doch die meisten schlagen sich mit Gelegenheitsarbeiten durch oder verkaufen irgendetwas auf der Straße. Der Überlebenskampf prägt den Alltag. "Alles wird teurer. Es gibt zu wenig Arbeit", klagt Doña Ena. Selbst die Helden des Aufstands kämpfen mit Armut und Perspektivlosigkeit. Besonders tragisch findet Doña Ena das Schicksal von Manuel Monje. Der gelangte im August 1978 beim Sturm auf den Nationalpalast zu Ruhm und Ehre und war in Monimbó als El Comandante bekannt. Mitte April 2004 wurde er in einer Kneipe erstochen.
Das Wandbild an der Fassade eines Wohnhauses an der Skandinavischen Straße gilt als Europas größtes Wandbild mit naiver Malerei. Gemalt hat es 1985 der Künstler Manuel Garcia Moia. Dargestellt sind Szenen aus Monimbó, dem indianischen Stadtteil von Masaya. Dort gab es 1978 einen Aufstand, den Somozas Nationalgarde blutig niederschlug. Das Bild zeigt fröhliche, spielende Kinder auf der einen Seite, tote und schwer verletzte Menschen nach der Niederschlagung des Aufstandes auf der anderen. Zu sehen sind Dorfhütten und ein Vulkan. Das Giebelbild ist einzigartig, sagt der Kunsthistoriker Michael Nungesser. "Selbst in Nicaragua gibt es nur sehr wenige solcher Giebelbilder."
Als das kommunale Haus in den 1990er Jahren in private Hände fiel, wurde es saniert. Das Bild verschwand. Das Originalbild wurde erhalten, aber es lag nun unter Dämm-Material. Die damalige Linken-Lokalpolitikern Christel Schemel ergriff im Jahr 2005 die Initiative und setzte sich für die Reproduktion des verschwundenen Bildes ein; es wurde auf die neue Fassade gemalt. Sturmschäden und mutmaßliche Baumängel sorgten jedoch im Jahr 2013 dafür, dass große Teile der Reproduktion von der Fassade abfielen. So verschwand das Bild erneut. Mittlerweile besteht zumindest Einigkeit darüber, das Bild erneut zu rekonstruieren. Fortsetzung folgt.